Ausgleichsanspruch des Arbeitgebers für Minusstunden bei Freistellung?

Verlangt ein Arbeitgeber nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses von seinem Arbeitnehmer den finanziellen Ausgleich von Minusstunden, so muss das vorher ausdrücklich arbeitsvertraglich zwischen den Parteien vereinbart sein.
vom 27. August 2021
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Ausgleichsanspruch des Arbeitgebers für Minusstunden bei Freistellung?Verlangt ein Arbeitgeber nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses von seinem Arbeitnehmer den finanziellen Ausgleich von Minusstunden, so muss das vorher ausdrücklich arbeitsvertraglich zwischen den Parteien vereinbart sein.
Nicht selten gehen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Streit auseinander. Dann wird meist um viele Details gefeilscht. So in auch in einem aktuellen Fall, über den das Landesarbeitsgericht Nürnberg zu entscheiden hatte. Ein Arbeitgeber hatte seinem Arbeitnehmer mit sofortiger Wirkung gekündigt und unter Lohnfortzahlung freigestellt. Nun behauptet er, dass der Arbeitnehmer Minusstunden auf seinem Arbeitskonto angesammelt hat und verlangt dafür finanziellen Ausgleich. Das Arbeitsgericht lehnt diesen ab, das Landesarbeitsgericht schließt sich dem an.
 

Ausdrückliche Vereinbarung erforderlich

Das hätte ausdrücklich vereinbart gewesen sein müssen, so die Begründung. Außerdem führt das Gericht aus, was einem auch der gesunde Menschenverstand sagt: Wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer kündigt und mit sofortiger Wirkung freistellt – wie sollte dieser etwaige Minusstunden auf seinem Konto ausgleichen? Letzterer muss schon tatsächlich die Möglichkeit haben, dies zu tun. In einer entsprechenden Vereinbarung, in dem sie sich auf Freistellung unter Lohnfortzahlung einigen, manifestieren die Parteien ja gerade, dass sie über die Höhe des Arbeitszeitkontos nicht streiten wollen.
 

Arbeitnehmer muss das erkennen können

Bei einer vereinbarten Freistellung muss der Arbeitnehmer wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen, die diese mit sich bringt, erkennen können, dass er auch von der Arbeitspflicht freigestellt ist. Erst recht muss er umgekehrt erkennen können, dass der Arbeitgeber mögliche Minusstunden noch vom Gehalt abziehen will – er verzichtet ja auf die Erbringung der Arbeitsleistung insgesamt.
 

Keine Änderung bei freier Zeiteinteilung

Keine Rolle spielt übrigens in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit völlig frei einteilen und gestalten konnte. Selbst wenn dies der Fall ist, ist der Arbeitgeber zum Abzug wegen etwaiger Minusstunden nur berechtigt, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit eingeräumt bekommt, vor seinem Ausscheiden das Arbeitszeitkonto auszugleichen.Bildnachweise: © IMAGO / suedraumfoto

Beitrag von Alexander Pradka

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