Geklagt hatte vor dem Arbeitsgericht ein Arbeitnehmer, der bei dem beklagten Unternehmen als Technischer Leiter angestellt war. Sein Bruttoarbeitslohn lag bei 5.250 Euro im Monat. Der Arbeitgeber bot dem Angestellten im Wege einer fristlosen Änderungskündigung eine Position als Softwareentwickler an. Das wäre mit einer Lohnkürzung auf 3.750 Euro brutto im Monat einhergegangen. Das Kündigungsschreiben enthielt einen Passus, aus dem hervorging, dass das Unternehmen in jedem Fall den Arbeitsantritt des Angestellten erwarte – sowohl für den Fall, dass er die Kündigung ablehnt als auch für den Fall, dass er das Angebot annimmt. Der Angestellte lehnte das Änderungsangebot ab und erschien nicht zur Arbeit. Daraufhin kündigte der Betrieb ein zweites Mal außerordentlich. Erneut enthielt das Schreiben die Aussage, den Arbeitnehmer zum Arbeitsantritt zu erwarten, wenn dieser die Kündigung nicht akzeptiere. Er erschien nicht, erhob stattdessen Kündigungsschutzklage. In entsprechenden Prozess stellte er Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung. Das Gericht stellte fest, dass beide Kündigungen das Arbeitsverhältnis nicht beendet haben.
Vorinstanzen geben beklagtem Unternehmen recht
Der Arbeitgeber zahlte lediglich noch gut 765 Euro an Gehalt aus. Der Arbeitnehmer wollte daher im Klagewege Vergütung des ausstehenden Arbeitslohns – abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes – erreichen. Er bekam erst Monate später wieder einen neuen Job. Seiner Ansicht nach sei eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar gewesen. Er stellte schon die Absicht, ihn weiterbeschäftigen zu wollen, in Frage. Zu Unrecht sei ihm Fehlverhalten vorgeworfen worden. Die Beklagte war natürlich anderer Meinung: Ihr sei die Weiterbeschäftigung unzumutbar gewesen und er sei nicht zum Dienst erschienen. Arbeits- und Landesarbeitsgericht hatten Klage und Berufung des Arbeitnehmers abgewiesen. Die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nun Erfolg.
BAG sieht widersprüchliches Verhalten
Der fünfte Senat bejaht den Annahmeverzug des Unternehmens, auch ohne Arbeitsangebot des Angestellten. Es sei selbst davon ausgegangen, dass eine Weiterbeschäftigung unzumutbar gewesen sei, insofern sei das geänderte Angebot widersprüchlich und nicht ernst gemeint. Die Ablehnung des Angebots lasse nicht auf einen fehlenden Leistungswillen des Angestellten schließen. Ihm sei eine Weiterbeschäftigung aufgrund der gemachten Vorwürfe tatsächlich nicht zuzumuten gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass der Kläger im Kündigungsschutzprozess vorläufige Weiterbeschäftigung beantragt hat. Dieser Antrag sei auf die Prozessbeschäftigung nach festgestellter Unwirksamkeit der Kündigungen gerichtet gewesen. Nur wenn der Kläger in einem solchen Fall die Weiterbeschäftigung abgelehnt hätte, hätte er sich laut BAG seinerseits widersprüchlich verhalten. Es mache einen Unterschied, ob der Arbeitnehmer trotz der gegen ihn im Rahmen einer verhaltensbedingten Kündigung erhobenen Vorwürfe weiterarbeiten soll oder er nach erstinstanzlichem Obsiegen im Kündigungsschutzprozess gleichsam „rehabilitiert“ in den Betrieb zurückkehren kann.
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