Sie stehen der Rechtsverletzung wesentlich näher, sagt der Bundesgerichtshof (BGH) in einer aktuellen Entscheidung. Geklagt hatten Wissenschaftsverlage mit der Begründung, dass in Schweden beheimatete Internetdienste auf diversen Internetseiten wissenschaftliche Artikel und Bücher präsentierten, an denen die ausschließlichen Nutzungsrechte den Verlagen zustehen. Sie wandten sich an ein Telekommunikationsunternehmen in Deutschland und verlangten die Sperrung des Zugangs zu den Internetseiten. Das Landgericht hatte den Wissenschaftsverlagen den Anspruch zugestanden, das Oberlandesgericht hingegen die Klage abgewiesen. Nun lag der Fall dem BGH zur Entscheidung vor.
Was sagt das Telemediengesetz?
Im Mittelpunkt der Entscheidung steht § 7 Absatz 4 des Telemediengesetzes (TMG) und die Frage, welche Möglichkeiten der Rechteinhaber hat und welche ihm zumutbar sind. Der BGH sagt nun, dass erst dann „keine Möglichkeit“ dem Recht abzuhelfen im Sinne des genannten Paragrafen besteht, wenn die Inanspruchnahme von Beteiligten, die die Rechtsverletzung begangen oder zu ihr – etwa durch Hostingdienstleistungen – beigetragen haben, gescheitert sind oder ihnen jede Erfolgsaussicht fehlt. Welche Anstrengungen zur Inanspruchnahme des Betreibers der Internetseite und des Host-Providers zumutbar sind, ist laut BGH eine Frage des Einzelfalls.
Zumutbare Maßnahmen
Der Rechtsinhaber, hier die Verlage, ist also verpflichtet, in zumutbarem Umfang Nachforschungen zur Ermittlung der vorrangig in Anspruch zu nehmenden Beteiligten anzustellen. Dabei ist die außergerichtliche Inanspruchnahme eines bekannten Betreibers einer Internetseite oder Host-Providers auf Entfernung der urheberrechtsverletzenden Inhalte zumutbar. Auch ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen innerhalb der Europäischen Union ansässigen Betreiber oder Host-Provider hat der Rechteinhaber grundsätzlich anzustrengen.
Einstweiliger Rechtsschutz
Zwar ließen die Feststellungen des Oberlandesgerichts zur Rechtslage in Schweden offen, ob den Rechteinhabern dort ein Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Drittauskunft gegen den dort ansässigen Host-Provider zur Verfügung gestanden hätte. Jedenfalls sei aber von ihnen der Versuch zu verlangen gewesen, vor einem deutschen Gericht im Wege der einstweiligen Verfügung einen Auskunftsanspruch gegen den schwedischen Host-Provider geltend zu machen.
BGH, Az. I ZR 111/21 (DNS-Sperre)
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