Lösungen für wachsende Herausforderungen

Vom 25. bis 27. Juni veranstaltete das Deutsche Institut für Rechtsabteilungen und Unternehmensjuristen in Frankfurt am Main den Zertifikatslehrgang Legal Operations. Neben theoretischem Fachwissen bekamen die Teilnehmenden auch viele Einblicke in praktische Anwendungen vermittelt.
vom 13. September 2024
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Der Fachkräftemangel, die veränderte Rolle der Rechtsabteilung – weg vom reinen Problemlöser, hin zum strategischen Berater –, wachsende regulatorische Herausforderungen und das Fortschreiten der Digitalisierung sind Faktoren, die Legal Operations zu einem ebenso wichtigen wie vielschichtigen Beschäftigungsfeld für General Counsel und Heads of Legal wachsen lassen. Sie kommen mittlerweile nicht mehr umhin, sich mit den einzelnen damit im Zusammenhang stehenden Themen zu beschäftigen beziehungsweise ihre Kenntnisse zu vertiefen. Das war Anlass genug für die Veranstaltungsplaner beim Deutschen Institut für Rechtsabteilungen und Unternehmensjuristen, nach dem Kongress Anfang März in Köln nun auch noch einen Zertifikatslehrgang ins Leben zu rufen. Drei Tage lang wurde in Frankfurt am Main intensiv zusammengearbeitet, um neue Methoden zur Bewältigung der vielfältigen Aufgaben in der Rechtsabteilung kennenzulernen und auszutesten. Wo fängt man eigentlich an, wenn es um Legal Operations geht? Mit dieser Frage startete David J. Deutsch, Leiter der Konzernabteilung Recht bei der Hochtief AG. Er ging auf die Gründe ein, die meistens genannt werden, wenn es um die Einführung von Legal Operations geht: Klare Prozesse und Standardabläufe sollen Zeit sparen, der Einsatz von Technologien und die verbesserte Verwaltung der Rechtskosten sollen die finanziellen Ressourcen schonen. Auch Transparenz gehört zu den wichtigen Argumenten – wo steht die Rechtsabteilung, was passiert dort? Ein weiterer Punkt ist die Risikominimierung, die mit einem besseren System zur Überwachung rechtlicher Angelegenheiten gelingt. Dem Fachkräftemangel begegnet die Rechtsabteilung durch den Einsatz moderner Technologien, die Routineaufgaben übernehmen und Raum geben für die wirklich wichtigen und entscheidenden Dinge. Nicht jeder der genannten Punkte hat für jedes Unternehmen die gleiche Priorität, Schwerpunkte können unterschiedlich gesetzt sein. „Der Fokus sollte auf den eigenen individuellen Herausforderungen liegen“, so Deutsch. Klare Prozesse spielen eine dominierende Rolle. „Man muss genau wissen, welche Abläufe existieren, um die richtigen Technologien effektiv einsetzen zu können“, so Deutsch. Um Effizienzgewinne durch Legal Operations ging es bei Georg von Bronk, Geschäftsführender Gesellschafter bei gunnercooke. Er gab Antworten auf verschiedene Fragestellungen: Wie lässt sich bei wachsender Regulatorik „vor die Welle“ kommen? Lässt sich ein „State-of-the-art“ für Rechts- und Compliance-Abteilungen definieren? Was wären überhaupt relevante Standards und wie kann ein Unternehmen überprüfen, ob die Rechts- und Compliance-Abteilung den Standards entspricht? Zum Thema Legal Design in Rechtsabteilungen referierte Alisha Andert, selbst Rechtsanwältin und Mitgründerin sowie Geschäftsführerin von This is Legal Design. Für sie stehen der Faktor Mensch und dessen Bedürfnisse stets im Mittelpunkt der Betrachtung. Und „Legal Design soll Recht und rechtliche Prozesse nutzerfreundlicher machen“, sagt sie. Zu den Anwendungsmöglichkeiten zählt die Gestaltung nutzerfreundlicher Policies und Guidelines oder auch das Beschreiten neuer Wege bei der Vertragserstellung. Verträge bestehen hier nicht mehr nur aus Textwüsten, sondern veranschaulichen mit fast comicartig gestalteten Kästen, was beispielsweise auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer zukommt. Aber auch im Zusammenhang mit Legal Front Doors oder Dashboards sowie bei der Auswahl und Einführung von Legal Tech bringt Legal Design Erleichterungen mit sich. 

 

Viele praktische Anwendungen

Für viele Rechtsabteilungen ist das „Legal Tech Sourcing“ eine große Herausforderung, unter anderem angesichts von 2.300 Anbietern auf dem Markt. Wie sich hier von der klassischen Fragestellung „Make or Buy“ zu einem ganzheitlichen Modell gelangen lässt, präsentierte Philipp Thönnes, Senior Manager Legal Operations  & Legal Technology bei e.on. Vor allem die Kostensicht ist dabei wesentlich, daher erfolgte eine Aufteilung in eine Low-, Medium- und High-Cost-Zone. Letztere sollte nur als ultima ratio in Betracht gezogen werden, in der Medium-Cost-Zone stehen sich die Argumente für die Make- und die Buy-Lösung gegenüber. Wie sich die Einführung von Legal Operations als Erfolgsstory schreiben lässt, darüber sprach Mareike Petrowitsch, SVP Legal und Corporate Development sowie General Counsel bei Urban Sports Club. Dabei ging sie von dem Grundsatz aus – „Innovation ist entscheidend für den anhaltenden Erfolg einer jeden Organisation“ und stellte dar, welche Rolle „Leadership“ beim Umsetzungsprozess spielt und wie sich gute Führung überhaupt definieren lässt. Ihr Motto: „Legal Operations kann eine Brücke zwischen einem System von ‚Hard Facts‘ und ‚Hard Skills‘ schlagen, um eine Kultur des Vertrauens und der Transparenz zu fördern.“ Es gelte, Trends zu identifizieren, Wertschöpfungsketten dahingehend einzuschätzen, wie sie sich optimieren lassen, von Fehlern zu lernen und kontinuierlich Fähigkeiten weiterzuentwicklen. Datenanalysen können helfen, bisher nicht gehobene Potenziale zu finden. „Ein agiles Mindset ist essenziell, um sich an die rasch verändernde Rechtslandschaft anzupassen und neue Technogien wirksam einzuführen“, so Petrowitsch. Gute Führung bedeute, diese Veränderung als Herausforderung anzunehmen, unterschiedliche Sichtweisen zuzulassen und die Zusammenarbeit im Team zu fördern. Was es voraussetzt, Dokumente in der Rechtsabteilung zu automatisieren, war Gegenstand der Session von Björn Hajek, Head of Legal Operations bei Infineon Technologies. Die Ziele sind dabei klar: Zeitersparnis, Fehlerminimierung, Erhöhung der Konsistenz, die Vereinfachung bei der Pflege der Templates und letztlich die Verwirklichung von Effizienzsteigerungen. Hajek zeigte, welche Vorarbeiten hilfreich und wie Zuständigkeiten zu verteilen sind, und gab einen Überblick für die Toolauswahl, bevor die Teilnehmenden sich in praktischen Übungen selbst versuchen konnten. Wie die Einzelbetrachtung von Datenquellen, die Datensäuberung und -validierung bei der Erstellung eines Legal Dashboards hilft, demonstrierte Jonas Klein, Legal Counsel bei der Software AG. Wichtig ist der Plausibilitätscheck bei der Verbindung von Datensätzen – und: „Die Komplexität der Verbindung von Daten sollte nicht unterschätzt werden.“ Die Dashboards unterstützen dabei, schnellere und datenbasierte Entscheidungen treffen zu können, lokale Probleme rechtzeitig zu erkennen, Unregelmäßigkeiten objektiv zu analysieren. Die Legal Frontdoor sollte bestehende Services effizient darstellen und anbieten und muss aus diesem Grund nah am internen Kunden sein. Das Legal Playbook wiederum kodifiziert Richtlinien, vorgegebene Einhaltungskriterien und Erfahrungen der Rechtsabteilung, die sich über viele Jahre von Verhandungen angesammelt haben. „Sie machen bestehendes Wissen einfacher erreichbar, erleichtern den Austausch von Wissen und bringen in die Kommunikation der Firma Transparenz“, sagt Klein. Ganz nach dem Motto „Einfach mal machen“ präsentierte Andreas Bong, Leiter Legal Operations und Technology Services von KPMG Law, einen fiktive Firma, mit der die Teilnehmenden direkt in die Praxis eintauchten. Sie lernten, welche Rolle dem sogenannten Zielbetriebsmodell für die Rechtsabteilung bei der Erarbeitung potenzieller Lösungsansätze zukommt. Die Strategie wird beeinflusst von den Faktoren Performance und Wertbeitrag, Technologie und Automatisierung, Mitarbeiter und Training, Struktur und Governance, Produkte und Prozesse sowie Sourcing und Outside Counsel Management. ■
Alexander Pradka       

Beitrag von Alexander Pradka

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