Keine wesentliche Änderungder Tätigkeit

Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt oder als Syndikusrechtsanwältin bleibt im Falle eines Betriebsübergangs bestehen, wenn sich dabei keine wesentlichen Änderungen der Tätigkeit ergeben. Insofern bedarf es keines Aufhebungs- und neuerlichen Zulassungsbescheids.
vom 7. März 2025
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Der Senat für Anwaltssachen beim Bundesgerichtshof entschied im Dezember des vergangenen Jahres den Fall einer Syndikusrechtsanwältin, deren Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a BGB von einer GmbH auf deren Rechtsnachfolgerin überging. Später ging das Arbeitsverhältnis „mit allen Rechten und Pflichten“ neuerlich auf die ursprüngliche GmbH über. Diese firmierte in der Folge um, ein dreiseitiger Übertragungsvertrag ließ das Arbeitsverhältnis auf die neue Holding übergehen. Die ursprüngliche Tätigkeitsbeschreibung galt auch in dem neuen Arbeitsverhältnis, zusätzlich übernahm die Syndikusrechtsanwältin die Leitungsfunktion über die Abteilung Legal & Compliance. Damit gingen Führungsaufgaben einher, die laut Angaben aber der anwaltlichen Tätigkeit „weit“ untergeordnet sind und maximal fünf bis zehn Prozent der Gesamttätigkeit ausmachen. Die zuständige Rechtsanwaltskammer hielt bei den ganzen Veränderungen den Zulassungsbescheid aufrecht. Dagegen richtete sich die Rentenversicherung, zunächst per Widerspruch, dann auf dem Klageweg. Der BGH entschied im Berufungsverfahren. Sie ist der Auffassung, dass bei einem Arbeitgeberwechsel stets eine wesentliche Änderung der Tätigkeit vorliegt, sofern dieser nicht auf einem Betriebsübergang beruht. Andernfalls sei der Gleichlauf zwischen berufsrechtlicher Zulassungsentscheidung und der Entscheidung über die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gefährdet. In seinem Urteil bestätigt der Senat für Anwaltssachen zunächst die Feststellungsbefugnis der Kammer dahingehend, dass mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses keine wesentliche Änderung der Tätigkeit der Anwältin eingetreten ist. Es geht dabei um Fragen der Zulassung, deren Widerruf und eine mögliche Erstreckung. Der Senat führt weiter aus, dass sich zwar die im Zeitpunkt der erteilten Zulassung bestehenden tatsächlichen Verhältnisse geändert haben. Anders als im Fall eines sonstigen Arbeitgeberwechsels und wie bei einem Betriebsübergang nach § 613a BGB ist darin aber kein Widerrufsgrund im Sinne des § 46b Abs. 2 BRAO zu sehen. „Bei einer zwischen dem früheren Arbeitgeber, dem neuen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer getroffenen Vereinbarung, mit der das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten übertragen wird, besteht dagegen – wie bei einem gesetzlichen Betriebsübergang – das Arbeitsverhältnis, für das die Zulassung erteilt wurde, mit dem übernehmenden Arbeitgeber fort, ohne dass ein neues Arbeitsverhältnis begründet und ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen wird“, schreibt der Senat in seinem Urteil vom 2. Dezember 2024. Eine Erstreckung im Sinne des § 46b Abs. 3 BRAO habe der Sachverhalt nicht veranlasst. Diese sei erforderlich, wenn nach einer Zulassung weitere Arbeitsverhältnisse als Syndikusrechtsanwalt aufgenommen werden oder innerhalb bereits bestehender Arbeitsverhältnisse eine wesentliche Änderung der Tätigkeit auftritt. Dafür lägen die Voraussetzungen nicht vor. Spannend ist schließlich die Frage, ob sich mit der Übernahme der Leitungsfunktion Legal & Compliance eine wesentliche Änderung der Tätigkeit ergibt. Das verneint der Senat. Er verweist in dem Zusammenhang auf den Übertragungsvertrag: Die Tätigkeiten seien von untergeordneter Bedeutung und beträfen allenfalls fünf bis zehn Prozent der Gesamttätigkeit, so dass die Tätigkeit der Syndika insgesamt im Wesentlichen unverändert geblieben sei.   Entgegen der Auffassung der Rentenversicherung widerspricht der Fortbestand der Zulassung bei einer dreiseitigen Übertragungsvereinbarung nicht dem vom Gesetzgeber gewollten Gleichlauf zwischen der berufsrechtlichen Zulassungsentscheidung und der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. 

 

Alexander Pradka

Beitrag von Alexander Pradka

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