Bei hoheitlichem Handeln entscheidet der Einzelfall

Kann ein Syndikusrechtsanwalt – oder eine Syndikusrechtsanwältin – gleichzeitig Geschäftsführer einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sein? Der Bundesgerichtshof schließt die Kumulation beider Positionen in einer Person nicht aus, knüpft daran aber insbesondere im Hinblick auf das hoheitliche Handeln enge Voraussetzungen.
vom 3. April 2022
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Bei der Frage, ob die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt oder -anwältin rechtmäßig erfolgte, schauen die Träger der Rentenversicherung besonders genau hin. Schließlich sind Syndizi von der Rentenversicherungspflicht befreit. Gar nicht selten landen die Fälle vor Gericht. Jetzt hatte der Bundesgerichtshof den Fall zu entscheiden, ob ein Syndikusrechtsanwalt zugleich Geschäftsführer einer Kreishandwerkerschaft sein kann. Wie in solchen Fällen üblich, will die Trägerin der Rentenversicherung den Zulassungsbescheid aufgehoben wissen. Gegnerin des Anspruchs ist die zuständige Rechtsanwaltskammer. Der Syndikusrechtsanwalt oder die -anwältin ist dann als Beigeladener oder Beigeladene am Verfahren beteiligt. Im konkreten Fall stellte der BGH zunächst einmal fest, dass kein Beamtenverhältnis vorliegt, sondern der Syndikusanwalt als Angestellter im öffentlichen Dienst fungiert. Gemäß § 46 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 7 Nr. 8 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ist die Zulassung dann zu versagen, wenn der Bewerber eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf des Syndikusrechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege, nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann. Wie der BGH einräumt, kann das insbesondere bei einer mit hoheitlicher Aufgabenwahrnehmung verbundenen Tätigkeit im öffentlichen Dienst der Fall sein. Zwar ist die Unvereinbarkeit nicht per se gegeben. Deshalb ist der konkrete Einzelfall genau unter die Lupe zu nehmen. Das tut der Senat und bekräftigt den zu früherem Anlass bereits aufgestellten Grundsatz, dass die Zulassung als Syndikus dann ausgeschlossen ist, wenn der Bewerber am Erlass hoheitlicher Maßnahmen mit Entscheidungsbefugnis beteiligt ist. Dann ist die Tätigkeit nicht mit der Stellung als unabhängiges Organ vereinbar. Auf den Umfang der hoheitlichen Aufgaben kommt es bei der Beurteilung nicht an, sie müssen auch nicht den Schwerpunkt der gesamten Tätigkeit darstellen. Ebenfalls keine Rolle spielt, wie die Person nach außen auftritt beziehungsweise wie sie wahrgenommen wird. Allein der objektive Inhalt der Tätigkeit entscheidet, also die tatsächlich bestehende Entscheidungsbefugnis.

WAS SAGEN GESETZ UND DIENSTVERTRAG?

Eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt scheidet laut BGH demnach insbesondere dann aus, wenn die hoheitlichen Maßnahmen innerhalb der Organisationseinheit getroffen werden, welcher der Antragsteller angehört, und wenn dieser hieran mit Entscheidungskompetenz beteiligt ist. Demgegenüber stellt der BGH das Agieren lediglich als „rechtliche Prüfstelle“ ohne Weisungsbefugnis. Maßgeblich ist bei der Prüfung, welche Aufgaben und Befugnisse dem Bewerber laut Gesetz und laut Arbeits- beziehungsweise Dienstvertrag zukommen. Dabei reicht die theoretische Möglichkeit zu hoheitlichem Handeln aus, ob er oder sie wirklich davon Gebrauch macht, ist irrelevant. Bei der Auslegung nicht eindeutiger vertraglicher Vereinbarungen könne allerdings für deren Verständnis der tatsächlichen Handhabung von Zuständigkeiten und Kompetenzen durch die Vertragsparteien als Indiz Bedeutung zukommen. Vorliegend war es nun so, dass der BGH angesichts des Dienstvertrags und der darin zu den Aufgabenbereichen gemachten Angaben Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zulassung hatte. Allerdings ergab die mündliche Einlassung der Beteiligten den Ausschlag, dass die Tätigkeit als Geschäftsführer dem Status als Syndikusrechtsanwalt nicht entgegensteht. Insbesondere konnte der Bewerber glaubhaft machen, keine hoheitlichen Aufgaben wahrzunehmen.

Alexander Pradka

Beitrag von Alexander Pradka

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