In-house Counsel: Was liegt beim General Counsel der BÜCHL Firmengruppe aktuell auf dem Schreibtisch?
Manuel Sternisa: Es gibt zwei übergeordnete Aufgabenbereiche, auf die ich mich fokussiere: Ich baue den Rechtsbereich in der neu geschaffenen Position des General Counsel komplett neu auf. Es gibt zwei Ziele: die operativ Beschäftigten und die Geschäftsführung von übergeordneten juristischen Themen freizuhalten und die Zusammenarbeit mit den externen Kanzleien zu konsolidieren. Büchl agiert seit 1951 am Markt und hat bisher für juristische Fragestellungen hauptsächlich Externe konsultiert. Das zweite Schwerpunktthema ist die Digitalisierung. Das betrifft Veränderungen beim Vertragsmanagement, aber auch die Gestaltung von Software- und IT-Verträgen. Büchl hat vor rund vier Jahren die Software „Clever Waste“ entwickelt, zunächst nur für den internen Gebrauch. Mittlerweile vermieten wir diese digitale Komplettlösung für die Entsorgungswirtschaft an andere Entsorgungsbetriebe. Das erfordert die entsprechenden Vertragsgestaltungen in einem für Büchl komplett neuen Geschäftsfeld.
Bleiben wir ruhig beim Thema Digitalisierung und erweitern dieses um Legal Tech und Künstliche Intelligenz. Wie stehen Sie dazu?
Ich habe dazu eine sehr pragmatische Haltung: Wir müssen uns bewusst sein, was Anwendungen können und was nicht und welche Intention wir damit verfolgen. Aber ich gehe auch progressiv an das Thema heran: Lasst es uns austesten und Lösungen müssen nicht zu hundert Prozent alle Erwartungen erfüllen. Was uns einen Effizienz- und Zeitvorsprung bringt, setzen wir ein. Es kann sehr hilfreich sein, von zehn Schritten die ersten sechs oder sieben schneller durch KI erledigen zu lassen.
Auf der Webseite der Unternehmensgruppe findet sich der Slogan „Eine Idee voraus“. Wie sehr gilt das für den Rechtsbereich?
Das Unternehmen hat sich als innovativer und zukunftsorientierter Entsorger mittlerweile in neue Geschäftsfelder breiter aufgestellt und arbeitet jeden Tag an ihrer Mission: Lösungen für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Ich sehe es als meine Aufgabe, das auch in der Rechtsabteilung abzubilden. Wenn wir beim Beispiel der von uns selbst entwickelten Software bleiben: Aktuell läuft ein Forschungsprojekt gemeinsam mit der Technischen Hochschule Ingolstadt, über das wir KI-Elemente darin installieren möchten. Auch ein solches Projekt begleite ich aus juristischer Sicht und dafür ist per se ein agiles Mindset und Denken in Innovationen notwendig. Bei der Etablierung schlanker und effizienter Prozesse geht es auch um die Nutzung des breiten Netzwerks, um Elemente nutzen zu können, die uns weiterbringen. Das heißt: Digitalisieren, um mit den im Vergleich zu Großkonzernen geringeren Ressourcen kreativ arbeiten zu können.
Sie arbeiten aktuell für ein traditionelles, stark in Ihrer Region verwurzeltes inhabergeführtes Unternehmen des Mittelstands. Sie kennen aber auch die Tätigkeit für ein großes Unternehmen, über 20 Jahre waren Sie bei MediaMarkt Saturn. Wo liegen die Hauptunterschiede?
Bei meinem früheren Arbeitgeber hatten wir für quasi jedes Thema intern Spezialisten. Zu Hochzeiten gab es allein bei der Media-Saturn-Holding 40 Juristinnen und Juristen. Jetzt bin ich intern der Allrounder und die Fachspezialisten sind extern. Ich sehe mich persönlich eher als Generalist und was mir deshalb persönlich sehr entgegenkommt, ist die schon angesprochene enge Verbundenheit zum operativen Geschäft. Großer Vorteil bei Büchl: Entscheidungen werden sehr viel schneller getroffen. Ich muss nicht erst aus formalen Gründen diverse Boards überzeugen oder einem Mutterkonzern Rede und Antwort stehen. Nicht, dass ich das früher nicht gerne gemacht hätte, aber Dinge schnell aufzugleisen, hat seinen Reiz. Und das funktioniert mit den Geschäftsführern der einzelnen Gesellschaften und insbesondere mit den Inhabern, an die ich direkt berichte, hervorragend. Zusätzlich genieße ich wie die gesamte Belegschaft den persönlichen Kontakt zur Inhaberfamilie, der sehr angenehm ist.
Kommen wir zum Thema Fußball. Sie waren bei MediaMarkt
Saturn und haben sich dann für das Engagement als Geschäftsführer und General Counsel beim FC Ingolstadt 04 entschieden. Die Fußballbranche ist schnelllebig – wie kam es dazu?
Das war ein Gesamtkonstrukt mit vielen Facetten. Ich war schon immer Fußballer, auch wenn es zum Profi nicht gereicht hat. Beim FCI war ich selbst noch aktiv. Plus: Ich war 20 Jahre bei einem Unternehmen und habe einer Veränderung positiv entgegengeblickt. Zufall war, dass in Ingolstadt die Position des Alleingeschäftsführers erstmals neu besetzt wurde. Es ging mir auch nicht darum, in die Fußballbranche zu wechseln, es war mein Verein, es ist meine Stadt. Der Verein spielte zwar dritte Liga, gehört aber nicht nur nach seinem Selbstverständnis, sondern auch vom geschaffenen Umfeld her in die zweite Liga, trat ambitioniert auf. Der finanzielle Hintergrund für einen Geschäftsführer war dementsprechend. Insofern möchte ich schon von einer einmaligen Gelegenheit sprechen, die ich gerne ergriffen habe. Es war allerdings ein schwieriger Zeitpunkt, der finanziell notwendige Aufstieg war knapp verpasst worden, dann kam Corona mit all den für den Profisport bekannten Auswirkungen. Die Herausforderungen waren groß, die Zeit umso spannender. Als der Aufstieg dann in meiner ersten Saison gelang, war aus meiner Sicht ein Umbruch nötig, den ich mit anderen Verantwortlichen in die Wege geleitet habe. In einem Fußballverein wirken aber unterschiedliche Kräfte und es hat irgendwann nicht mehr gepasst. Letztlich kam es sportlich zum Abstieg und die Wege haben sich getrennt.
Im Anschluss an die Zeit beim FC Ingolstadt kam eine längere
Pause und ein Rückzug aus dem Berufsleben von eineinhalb Jahren. War das eine bewusste Entscheidung?
Ja, das war eine sehr bewusste Entscheidung. Die Jobs, die ich zuvor hatte, waren lebensausfüllend. Deshalb habe ich die unerwartet entstandene Situation genutzt. Meine Kinder waren damals zehn und sieben Jahre alt und es war – ebenso wie beim Fußball – eine emotionale Entscheidung. Der Plan sah eine einjährige Pause vor und ich habe in der Zeit nicht aktiv nach einer neuen Beschäftigung gesucht. Pause bedeutet, sich tatsächlich nicht mit der beruflichen Lage und wie es weitergeht, auseinanderzusetzen. Ich habe die Entscheidung zu keinem Zeitpunkt bereut, weil ich insbesondere die Zeit mit der Familie intensiv genutzt habe. Ich bin mir aber auch bewusst geworden, dass ich in der Nähe der Familie bleiben möchte, die Ansprüche an den neuen Job waren sehr hoch, deshalb hat es etwas länger mit der Rückkehr gedauert.
Einblicke …
War Ihr Berufswunsch schon immer Jurist?
Manuel Sternisa: Natürlich wollte ich Profifußballer werden, konnte die Chancen dafür aber realistisch einschätzen. Mir war sehr früh klar, dass ich Jura machen möchte. Die Entscheidung, als Unternehmensjurist tätig zu sein, fiel mit der Erkenntnis, dass ich sehr eng an einem Projekt beteiligt sein und mit vielen verschiedenen Menschen zusammenarbeiten möchte. Ich hatte als Student bereits Gelegenheit, in Ingolstadt bei Audi ein Gefühl dafür zu bekommen.
Wenn man Sie nicht bei der Arbeit trifft, wo dann?
Ich verbringe möglichst viel Zeit mit meiner Frau und den Kindern. Daneben spielt Sport eine große Rolle, seit ich nicht mehr Fußball spiele, kam ich über Kollegen zum Halbmarathon. Mittlerweile bin ich beim Triathlon gelandet – und habe noch keinen der Wettbewerbe in Ingolstadt verpasst, den es seit 2010 wieder gibt. Und ich bin Fußballtrainer bei der Mannschaft meines Sohnes.
Was ist Ihre bevorzugte Literatur?
Lesen kann ich eigentlich nur im Urlaub und dann greife ich zu einem Krimi. Tatsächlich höre ich viel, etwa beim Laufen, zu den Kriminalgeschichten kommen Sach- und Fachbücher hinzu, etwa über Verhaltensweisen und Gewohnheiten der Menschen.
Welche Musik hören Sie gerne?
Da höre ich alles querbeet und es ist stimmungsabhängig. Was ich mag, ist funkige Musik und bei Gelegenheit Singer-Songwriter.
Wir wissen alle, den perfekten Tag gibt es nicht. Wie sieht der fast perfekte Tag für Sie aus?
Beruflich sehe ich mich als Enabler und es ist ein langfristig gutes Gefühl, wenn wir gemeinsam im Team juristisch-kreativ Lösungen entwickeln, die das operative Geschäft weiterbringen. Privat startet der Tag mit einem ausgiebigen gemeinsamen Frühstück mit der Familie und setzt sich mit einer gemeinsamen Aktivität fort – wenn ich dann noch Gelegenheit für den Sport finde, optimal! Am Abend kommen dann am besten noch Freunde zum Grillen und ein Glas Wein vorbei.
Kurzvita
Über 20 Jahre lang brachte Manuel Sternisa seine Expertise in die Rechtsabteilung bei MediaMarkt Saturn ein, davon die letzten knapp zwei Jahre als General Counsel. Die Leidenschaft für den Fußball, aber auch die Stadt und die Region brachten ihn dann zum Fußballverein FC Ingolstadt 04. Dort agierte er zwei Jahre in Doppelfunktion als Geschäftsführer und General Counsel. Nach einem rund eineinhalb Jahre währenden Sabbatical wirkt er nun seit gut fünf Monaten als Chefsyndikus beider inhabergeführten BÜCHL Firmengruppe. Auch hier ist er unmittelbar im operativen Bereich tätig und leitet diverse Projekte. Dabei hilft ihm, dass er nicht nur Volljurist ist, sondern zusätzlich einen Executive-MBA in Warwick (UK) erfolgreich abgeschlossen hat.