SAP: Wahlgang für Gewerkschaftsvertreter in Aufsichtsrat muss bleibenBei der Umwandlung einer deutschen Aktiengesellschaft in eine Societas Europaea (SE) geht es immer auch um die Mitbestimmung seitens der Arbeitnehmer und deren mögliche Beschneidung. Einen Sonderfall liefert die SAP SE, die 2014 aus der Umwandlung aus der AG hervorgegangen ist.
Vor und zunächst auch nach der Umwandlung setzte sich der Aufsichtsrat der Gesellschaft zu gleichen Teilen aus Vertretern von Aktionären und Arbeitnehmern zusammen. Entsprechend den Vorschriften des deutschen Rechts existierten vor Umwandlung zwei getrennte Wahlgänge, von denen einer der Wahl der Kandidaten der Gewerkschaften vorbehalten war. Bevor es zur Umwandlung kam, trafen SAP und ein besonderes Verhandlungsgremium, das die Arbeitnehmer vertrat, eine Vereinbarung, die über das Bundesarbeitsgericht beim Europäischen Gerichtshof gelandet ist.
Vorgeschichte: Besondere Vereinbarung
In der Vereinbarung heißt es, dass die Gewerkschaften für den Fall der Verringerung der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder auf 12 zwar weiterhin das Recht haben, Kandidaten vorzuschlagen, für die Wahl aber nicht mehr in den Genuss eines getrennten Wahlgangs kommen. Tatsächlich kam es dazu, dass der Softwarekonzern seinen Aufsichtsrat auf 12 Mitglieder verkleinern wollte. Das nahmen IG Metall und ver.di zum Anlass, die deutschen Gerichte wegen der getroffenen Vereinbarung anzurufen. Das Bundesarbeitsgericht bat letztlich den Europäischen Gerichtshof um die Auslegung der Richtlinie zur Ergänzung der Europäischen Gesellschaft, in der es um die Beteiligung der Arbeitnehmer geht.
Disponible Position?
Im Zentrum steht die Frage, ob der besondere Wahlgang für die Wahl der Gewerkschaftsvertreter in den Aufsichtsrat überhaupt eine verhandelbare Position darstellt. In der Richtlinie heißt es, dass in einer Beteiligungsvereinbarung, wie sie im vorliegenden Fall gegeben ist, in Bezug auf alle Komponenten der Arbeitnehmerbeteiligung zumindest das gleiche Ausmaß gewährleistet sein muss, das vor der Umwandlung in die SE bestanden hatte. Generalanwalt Richard de la Tour leitet daraus ab, dass der Wahlgang ein prägendes Element der Regelung über die Arbeitnehmerbeteiligung darstellt und daher nicht Gegenstand von Verhandlungen im Rahmen der Umwandlung sein kann.
Antwortvorschlag des Generalanwalts
In seinem Schlussantrag trug er vor, dass die Verhandlungsautonomie des besonderen Verhandlungsgremiums die Durchführung eines getrennten Wahlgangs für die Wahl eines bestimmten, von den Gewerkschaften vorgeschlagenen Teils der Kandidaten zu Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat nicht beeinträchtigen darf, wenn diese Besonderheit existiert und in dem für die umzuwandelnde Gesellschaft geltenden nationalen Rechts zwingend ist.Bildnachweise: © IMAGO / U.J. Alexander