Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälte sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit. Deshalb hat der Träger der Rentenversicherung ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Frage, ob die Zulassung zurecht erfolgt ist und für welchen Zeitraum diese gilt. Ein Rechtsanwalt hatte mit einer GmbH einen Anstel-lungsvertrag geschlossen und beantragte am 6. Dezember 2017 die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. Knapp zwei Jahre später, mit Bescheid vom 13. November 2019, erteilte die zuständige Rechtsanwaltskammer die Zulassung und ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Die Zustellungsurkunde erreichte den Rechtsanwalt am 28. Januar 2020. Da hatte sich aber die Grundlage verändert. Zum 1. Februar trat er eine andere Stelle an. Mit Schreiben vom 31. Januar 2020 verzichtete er auf seine Rechte aus der Zulassung. Mit der Fol-ge, dass die Kammer die Zulassung zum 3. Februar widerrief. An dem Tag war das Schreiben des Anwalts zugegangen. Der Träger der Rentenversicherung ist der Meinung, die Zulassung hätte gar nicht erst erteilt werden dürfen. Er erhob Klage gegen den Bescheid vom 13. November 2019. Der Anwaltsgerichtshof hielt die Klage wegen mangelnder Klagebefugnis für unzulässig und wies sie ab. Der Zulassungsbescheid habe sich entweder durch den Verzicht oder spätestens durch den Widerruf erledigt. Bei Klageerhebung habe es infolgedessen an der Bindungswirkung des Zulassungsbescheids gefehlt. Das sieht der Träger der Rentenversicherung naturgemäß anders: Aus § 14 Abs. 2 Nr. 4 der BRAO ergebe sich, dass sich der Zulassungsbescheid erst mit dem Widerruf der Kammer erledige und nicht mit Verzichtserklärung. Entsprechend § 49 Abs. 1 und 2 VwVfG erfolge dies dann auch nur mit Wirkung für die Zukunft. Für die Vergangenheit würde er indes weiter bestehen. Das heißt, dass der Rechtsanwalt mit Wirkung ab dem 6. Dezember 2017 bis zum Ende des Anstellungsverhält-nisses am 31. Januar 2020 Mitglied der beklagten Kammer und von der Rentenversicherungspflicht freigestellt wäre.
WIDERRUF ENTSCHEIDET
Der Bundesgerichtshof führt in seinem Beschluss vom 8. Oktober 2021 aus, dass der Träger der Rentenversicherung den tragenden Rechtssatz des Urteils des Anwaltsgerichtshofes mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt hat. Es wurde hinreichend dargelgegt, dass der Zulassungsbescheid für einen bestimmten Zeitraum Rechtsgrundlage für die von ihr vorzunehmende Befreiung sein könnte. „Dafür, dass sich der Zulassungsbescheid nicht bereits durch Verzichterklärung erledigt hat, spricht, dass die Zulassung gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 14 ABs. 2 Nr. 4 BRAO zu widerrufen ist, wenn der Syndikusrechtsanwalt auf die Rechte aus der Zulassung der Rechtsanwaltskammer gegenüber schriftlich verzichtet hat.“ Auch er folgert daraus, dass dem Verwaltungsakt für die Vergangenheit Bindungswirkung zukommen kann – und der Träger der Rentenversicherung insoweit auch beschwert sein kann. Auch nach dem Willen der Rechtsanwaltskammer sollten die Wirkungen der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt frühestens ab dem 3. Februar 2020 nicht mehr bestehen. Insofern muss der Fall im Berufungsverfahren geklärt werden.
Alexander Pradka